Zur Erinnerung: Jesaja war der vielleicht bekannteste jüdische Prophet, der um 700 v.Chr. in Jerusalem und Umgebung gewirkt hat. Ob er Schokolade gegessen hat, wissen wir nicht. Höchst wahrscheinlich nicht, obwohl ein bitterer Kakaotrank zu seiner Zeit in Mittelamerika bereits bekannt war.

Wir aber essen an Weihnachten Schokolade. Und Schokolade steht für den ganzen materiellen Überfluss, der mit Weihnachten verbunden ist. Er hat heute Weihnachten so vereinnahmt, dass der eigentliche Anlass dafür, warum wir Weihnachten feiern, zum grossen Teil verloren gegangen ist. Historisch ist es aber eindeutig: Ursprung von Weihnachten ist die Geburt von Jesus Christus. Sie hat vor rund 2000 Jahren stattgefunden. Die Kakaobohne und die daraus entwickelte Schokolade trat ihren Siegeszug nach Europa und um die Welt erst nach der Entdeckung von Amerika durch Columbus an und der heutige praktische Materialismus ist ohnehin erst knapp 50 Jahre alt.

Eines aber steht fest: Jesaja hat ein Weihnachtswort ausgerufen, das mit der Geburt von Jesus fassbare Realität geworden ist. Ein Wort, das durch alle Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag höchste Aktualität hat:

«Die Menschen, die im Finstern leben, sehen ein grosses Licht; hell strahlt es auf über denen, die ohne Hoffnung sind.» (Jesaja 9, in enger Anlehnung an die Übersetzung «Hoffnung für alle»)

Wenn wir einmal von der historischen Situation absehen, in die hinein Jesaja damals gesprochen hat, und dieses Wort nur in seiner heutigen Aktualität bedenken, so erscheint dieser Rufer doch ziemlich arrogant. Wer würde heute in einer Zeit höchster wissenschaftlicher und technologischer Errungenschaften zu behaupten wagen, dass wir «im Finstern leben». Im Klartext heisst das doch, dass unser Erkennen und Denken verdunkelt ist. Wir Heutigen sehen das anders: Das Mittelalter war das «dunkle» Zeitalter. Technologisch, wissenschaftlich wissen und können wir heute unendlich viel mehr. Unsere Zeit hat sehr viele wunderbare Errungenschaften hervorgebracht: Freiheit, technische Hilfsmittel, Würdigung der Frauen, Individualität, Achtung von Minderheiten, Rücksichtnahme auf die Schöpfung, starke Sozialsysteme, verstärktes Bewusstsein von Solidarität, Ablehnung von Krieg und Gewalt.

Aber im ethischen, im zwischenmenschlichen Bereich? Gleiten wir da nicht in zunehmende Finsternis ab (aussereheliche Fremd-Samenspende, Polyamorie, teilweise ausbeuterische Arbeitsbedingungen, unfassbare Geldgier im Immobilien- und Bankensektor)? Ist nicht auch das Dunkelheit in unserer Gesellschaft, wenn in der Schweiz jedes Jahr über 10’000 Kinder nicht zu uns in die Welt kommen dürfen? Sie beginnen jetzt schon überall zu fehlen. Ist diese Todeskultur nicht Finsternis? Führt unser materialistisch geprägter Individualismus (Egoismus) nicht in die Dunkelheit zerbrochener Beziehungen, in schmerzende Vereinsamung? Ist unser materialistisches Weltverständnis nicht verdunkelnde Einschränkung? Rühren diese Fragen nicht an düstere Widersprüche in unserer Zeit? Es ist nicht einfach die Dunkelheit der kurzen Wintertage, die im Advent und um Weihnachten Menschen lähmt. Es ist auch – oder vielleicht hauptursächlich – die Hoffnungslosigkeit in unseren Herzen.

Es gibt so viele Menschen ohne Hoffnung auf dieser Welt: Migranten, die an den Stacheldrahtzäunen der Durchgangs- oder Zielstaaten hängen bleiben, zum Spielball politischer Interessen werden. Aber auch unter uns gibt es Menschen, die keine Hoffnung haben, die mit unerfüllten Wünschen leben müssen, die vor der Unausweichlichkeit einer Krankheit oder des Todes jede Hoffnung verloren haben. Auch wenn sie bei uns nicht physisch verhungern, lechzen ihre Seelen im materiellen Überfluss nicht nach Annahme und Sinn? Diese Menschen sind unauffällig und verbergen ihre Not oft hinter einem freundlichen Lächeln. Menschen ohne Hoffnung, für die die gleissenden Shopping-Malls nur Dunkelheit und Hohn sind.-

Würde Jesaja, wenn er heute unter uns leben würde, über Instagram oder WhatsApp noch so zu uns reden? Zu Menschen, die «im Finstern leben»? Wir wissen es nicht. Aber: durch sein Weihnachtswort, das uns die Bibel ziemlich getreu überliefert, tut er es immer noch.

Jesaja bleibt jedoch nicht bei der Finsternis stehen. Die Dunkelheit ist nur der Ausgangspunkt seiner Prophetie, sozusagen die Diagnose. Jesaja redet von einem grossen Licht, das hell aufstrahlt über denen, die ohne Hoffnung sind. Aber über all dieser Hoffnungslosigkeit, dieser Dunkelheit strahlt ein helles Licht, ruft uns Jesaja zu. Gleichsam die Therapie, der Ort der Hilfe. Was Jesaja nicht wissen konnte, können wir heute auf Grund biblischer Berichte und persönlicher Erfahrung wissen: Mit der Geburt von Jesus ist die Finsternis zu Ende. Sein helles Licht strahlt über allen, die keine Hoffnung haben. Jesus Christus ist das Licht, von dem Jesaja Jahrhunderte im Voraus gesprochen hat. ER ist die Hoffnung in aller Dunkelheit.

Licht im biblischen Sinne meint nicht Erleuchtung durch irgendeine unpersönliche kosmische Energie, sondern letzte Wahrheit, Anfang und Ende, Alles in Allem, und v.a. Beziehung: Die Liebe des himmlischen Vaters, der sich in Jesus, seinen Söhnen, seinen Töchtern zuneigt und ihnen nahe sein will. Das gibt Geborgenheit.- In Jesus erkennen wir das Licht, das über der hell erleuchteten Finsternis unseres materiellen Überflusses scheint. In IHM erkennen wir, dass Hoffnung auf seine Nähe, auf seine Annahme und Barmherzigkeit hier und jetzt und auf das ewige Leben, berechtigt ist. Unter seiner Leitung, in seinen Ordnungen, kann es gelingen, dass die oben erwähnten positiven modernen Errungenschaften uns erhalten bleiben und uns davor bewahren, sie bald eigenhändig zu verderben.

Im Licht von Jesus werden Advent und vor allem Weihnacht wirklich zu Weihnacht, zur geweihten, einmaligen Nacht, zum zentralen Ereignis in der Menschheitsgeschichte, durch das sich der einzige Gott des Universums uns Menschen behutsam angenähert hat und nahe bleibt. So wird die feine Schweizer Schokolade aus der Pralinenschachtel zu einer sanften Erinnerung an das grosse Geschenk Gottes. Gerade auch für die Hoffnungslosen, wenn wir mit ihnen unser Leben und unsere Freude ganz praktisch teilen.

Lieber Leser, liebe Leserin, kennen Sie Menschen, die ohne Hoffnung sind?

Oder sind Sie gar selber einer?

Bitte reden Sie zu diesen Menschen von diesem Licht Jesus Christus. Oder als selbst Betroffene(r) vertrauen Sie Ihr Leben diesem Licht an. Ganz simpel, indem sie die Worte des Propheten Jesaja allein in Ihrem Zimmer laut aussprechen:

«Die Menschen, die im Finstern leben, sehen ein grosses Licht; hell strahlt es auf über denen, die ohne Hoffnung sind.». Und fügen Sie einfach hinzu: «Dieses Licht bist du, Jesus. Zeige dich mir!» Immer wieder. Das ist ein Gebet, das der lebendige Gott hören wird, weil es aus Ihrem Herzen kommt.

Hansjörg Baldinger

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