Die Lindor-Kugeln im Grossverteiler sind zu eindrücklichen Hügeln aufgehäuft, Früchtekorb reiht sich an Früchtekorb, und die Adventsbier-Kartons türmen sich zu wehrhaften Mauern auf. Wir sind vorbereitet.
Wir sind vorbereitet, als wäre es wie immer.
Aber es ist nicht wie immer. Können wir überhaupt feiern? Was gibt es denn dieses Jahr zu feiern?
Ja, was gibt es denn zu feiern?
Feiern hat mit Fröhlich sein zu tun, mit Innehalten, mit sich Besinnen, mit Dankbarkeit. Dazu wäre Weihnacht (die geweihte, besondere Nacht) eigentlich eine gute Gelegenheit. Aber das Wort haben wir längst ersetzt durch „Frohe Festtage!“. Doch auch an einem Festtag freut man sich über etwas. Worüber denn?
Ach, wenn doch die niedliche Story vom „Jesulein süss“ nur ernst zu nehmen wäre. Aber das mit Joseph und Maria, dem Esel und der Futterkrippe kann doch nicht wahr sein!?
Im Sinne juristischer Unschuldsvermutung muss man die Frage umkehren: Warum soll es nicht wahr sein?
Nachdem moderne Naturwissenschaften glaubwürdig nachgewiesen haben, dass unsere „Naturgesetze“ jederzeit, ohne Vorwarnung, von aussen verändert werden können, sollten wir nicht mehr reflexartig ausschliessen, dass der Heilige Geist ganz ohne Joseph ein Kind in Maria zeugen konnte.
Dazu kommt: Warum sollten Menschen vor 2000 Jahren Mühe und Kosten auf sich genommen haben, eine so „undenkbare“ Geschichte zu erfinden und dann noch aufzuschreiben? Warum sollten sich Menschen wegen einer so ungewöhnlichen Geschichte vor den Augen sensationshungriger römischer Menschen von wilden Tieren zerreissen lassen und nicht einfach ihrem Glauben abschwören, um ihre Haut zu retten? Warum lassen nicht wenige Christen auch heute noch ihr Leben für diesen Jesus?
Wir müssen die Frage umkehren: Warum soll die biblische Weihnachtsgeschichte nicht wahr sein und für Sie und mich grösste Bedeutung haben?
Wenn, dann bekommen Früchtekörbe und Adventsbier plötzlich einen tieferen Sinn: Ich kann mich freuen und dankbar sein, dass ich nicht verloren auf diesem blauen Planeten durch dieses kalte, bedrohliche Universum schlingere. Dann kann ich mich beruhigen, dass auch dieses unsichtbar winzige Virus-Ding zwar mein physisches Leben echt bedrohen, aber niemals das ewige Leben rauben kann. Dann bekommt die auf der Zunge zergehende Schokoladekugel auf einmal eine tiefere Bedeutung: Denn nicht weniger berührend ist die Liebe des Herrn dieses Universums, der sich Ihnen und mir u.a. in diesem kleinen Kind der Maria nähert.- *
In diesem Sinne „Fröhliche Weihnachten!“
Hansjörg Baldinger
* Siehe Matthäus-Evangelium 1+2 und Lukas-Evangelium 1+2